CRAN-Rundbrief Nr. 60, September 2012

Rundbrief Nr. 60, September 2012

Liebe CRAN-Freunde,

die Ferienzeit und damit für viele verbunden die Reisezeit liegt hinter uns. Auch die Reise von Michael Junk und mir nach Ghana liegt jetzt schon einige Monate zurück. Die Eindrücke unserer Reise werden den Brief maßgeblich bestimmen, es gibt viel zu erzählen. Der Austausch über die Reise – verbunden mit weiteren Fotos – wird auch im Mittelpunkt des diesjährigen Jahrestreffens am 03.11. stehen. Alle notwendigen Informationen sind am Ende des Briefs zu finden.

Wir haben mit der Reise mit zwei Gewohnheiten gebrochen: keine Reise in der Regenzeit und nicht unter zwei Wochen. Die Regenzeit hat die Reise nur wenig behindert, sondern ganz neue Einblicke verschafft. Und die Reisedauer war auch kein Nachteil: In den anderthalb Wochen haben wir eine Menge erlebt und viele Eindrücke mitgenommen. Insbesondere die persönlichen Begegnungen mit CRAN-Mitarbeitern oder Menschen, die von CRAN profitieren, waren sehr eindrücklich.
Zunächst hat die Reise geholfen, die Beziehungen zueinander aufzufrischen und insbesondere die neuen Mitarbeiter kennenzulernen. Das Zusammenspiel von CRAN in Ghana und in Deutschland lebt zuallererst von diesen Beziehungen und von dem gegenseitigen Vertrauen. Und in der Atmosphäre des Vertrauens können wir unsere unterschiedlichen Begabungen einbringen und gemeinsam versuchen, nachhaltige Verbesserungen für die Menschen in Ghana zu erreichen.
Gleichzeitig haben wir während unserer Reise den Bedarf für weitere Unterstützung gesehen. Dies hat uns in der letzten Zeit als Vorstand intensiv beschäftigt, so dass dieser Brief etwas warten musste.

Aber jetzt zu unserer Reise. Wir haben an verschiedenen Stellen erlebt, wie die Angebote von CRAN das Leben von Menschen verändert:

So haben wir Ayaa Efua Esoun (die am Freitag geborene siebte Tochter) kennengelernt, die von den CRAN-Kleinkrediten profitiert. Sie ist die Seketärin einer achtköpfigen PettyTrader Union (Kleinhandelsgenossenschaft) aus dem Fanti-Dorf Eguafa und erlebt ein typisches Frauenschicksal: Sie wird im Dorf jung verheiratet, bekommt 3 Kinder, wird dann von ihrem Mann mit den Kindern sitzengelassen und muss zusehen, wie sie die Kinder durchbringt. Sie hat sich mit 7 weiteren Frauen zu einer kleinen Genossenschaft zusammen getan, um von CRAN-Microfinance einen Kleinkredit zu erhalten (Startkredit 70 Cedis, ca. 30 €).

Die Frauen nutzen die Kreditsumme als Investitionskapital, um von anderen Farmen im Dorf Waren zu kaufen und diese dann mit entsprechendem Gewinn auf den Märkten der Umgebung zu verkaufen. Ayaa Efua Esoun ist die Verkäuferin der Gruppe. Man merkt der jungen Frau ihre Energie und Lebensfreude an und kann sich gut vorstellen, wie es ihr Freude macht, ihren Stand auf dem Markt mit den Waren, die sie durch den Kredit erworben hat, deutlich zu vergrößern und so auch einen deutlich größeren Gewinn zu machen. Der Verkaufserlös wird dann – nach Abzug der Transportkosten und der Rückzahlungsrate – an alle Frauen der Genossenschaft verteilt bzw. als Investitionskapital für die nächste Fahrt zum Markt genutzt. Bevor die Frauen den Kredit erhalten haben, sind sie von einem CRAN-Mitarbeiter während der Ansparphase geschult worden. Nach erfolgreicher Rückzahlung des Anfangskredits vergibt CRAN dann weitere, sich langsam steigernde Anschlusskredite.

Mit dem Leiter von Microinsurance (Kleinversicherungen) sind wir in zwei Dörfer gefahren, um konkret zu erleben, wie dieser Arbeitszweig von CRAN Menschen weiterhilft:

Der Hauptgrund für den Ausfall der Rückzahlung eines Kredits ist die Erkrankung bzw. der Tod des Versicherungsnehmers. Dieses Analyseergebnis hat CRAN dazu bewogen neue Kredite nur noch mit einer Kreditausfallverversicherung zu vergeben. Diese übernimmt im Falle des Falles die Rückzahlung des Kredites an CRAN. Doch davon profitiert nur CRAN, nicht aber die Kreditnehmer. Da die medizinische Versorgung im Krankheitsfall bzw. die Beerdigung im Todesfall oft sehr hohe Kosten verursachen, kommen viele Familien in eine Schuldenfalle. Inzwischen ist der Staat dabei ein Krankenversicherungssystem aufzubauen. Doch im Todesfall sind die Familien weiter allein.

Hier hat CRAN eine Todesfallversicherung für den Versicherungsnehmer und seinen Partner entwickelt. Bei einer Versicherungsprämie von 25 Cedis (ca. 10 €) pro Jahr bekommt der Versicherungsnehmer bzw. sein Partner im Todesfall 300 Cedis (bzw. 500 bei 50 Cedis Prämie). Bei unserem Besuch konnten wir die Geldübergabe in 2 Fällen miterleben. Die Auszahlung erfolgte nicht wie bei uns in Deutschland mit einer Überweisung, sondern es erfolgte eine offizielle Übergabe durch den Leiter von Microinsurance in Anwesenheit der gesamten Gruppe der Kreditnehmerinnen und deren Betreuer von Microfinance (und der deutschen Gäste). Wir konnten erleben,wie die betroffenen Frauen sich geehrt fühlten und über die Hilfe sehr erfreut waren.

Für uns in Deutschland ist es selbstverständlich, dass wir uns gegen die großen Risiken des Lebens versichern. Für viele einfache Menschen auf den Dörfern in Ghana ist dies eine neue Idee, die erst mal verstanden werden muss. Dass man eine begrenzte Geld­summe einzahlt, um im Falle eines Falles eine relativ große Summe zu erhalten, ist für viele neu. Hier gibt es zunächst große Vorbehalte. Erst wenn dann der Versicherungsfall eintritt und die Versicherungssumme gezahlt wird, beginnen viele Menschen zu verste­hen, dass eine Versicherung eine gute Sache sein kann.
So müssen die Mitarbeiter von CRAN immer wieder erklären, wie das Versicherungssystem funktioniert, und solche Übergaben sind eine gute Hilfe zum Verstehen!

Der Besuch der CRAN-Schulen in Shama-Kedzi und in Abakam stand im Vordergrund unserer Ausflüge:

In Abakam, einem unserer ersten Projektorte, an denen in den 90er Jahren die Schule aufgebaut wurde, mussten wir leider feststellen, dass notwendige Reparaturen immer noch unterblieben sind. So sind manche Räume in der Regenzeit nicht nutzbar. Die Schulleitung weist an verschiedenen Stellen auf die Mängel hin, hat aber keine Möglichkeiten, deren Beseitigung einzufordern. Und Hausmeister gibt es an den Schulen nicht, die sich um direkte Abhilfe bemühen. Die überörtlichen Stellen stellen keine ausreichenden Mittel zur Verfügung und die Dorfgemeinschaft hat ebenso nur wenige Mittel, da die wirtschaftliche Situation des Dorfes sich verschlechtert hat.
So wird nach wie vor gehofft, dass CRAN unterstützt – auch wenn CRAN offiziell die Verantwortung abgegeben hat. Wir haben unseren Besuch zu einem offiziellen Treffen mit den Verantwortlichen im Dorf genutzt und die Übernahme von Verantwortung angemahnt. Schließlich ist es die Schule des Dorfes! Die Schule hat im Ort viel Nutzen gestiftet und es ist als Beispiel ein Erfolg, wenn wir nebenbei erzählt bekommen, dass ein ehemaliger Schüler inzwischen Lehrer im Nachbardorf ist. Auch wenn die Instandhaltung nicht gut läuft, haben viele Kinder eine Ausbildung und damit eine Chance für ihre Zukunft erhalten. Wir warten derzeit auf die Ergebnisse der Gespräche zwischen CRAN und der Dorfgemeinschaft. Wenn das Dorf sich mit entsprechender Arbeitsleistung einbringt und mehr Verantwortung für die Schule übernimmt, können wir uns als CRAN Freundeskreis eine finanzielle Unterstützung vorstellen. Wir möchten gerne an den bekannten Standorten mit unserer Unterstützung fortfahren und hier dauerhafte Hilfe schaffen.
Sobald CRAN Ghana uns konkrete Angaben zum weiteren Vorgehen und zum Finanzierungskonzept weitergibt, werden wir darüber informieren.

Warum hat sich die wirtschaftliche Lage in den Dörfern verschlechtert?

Die Ewe-Flüchtlinge in den Dörfern um Cape-Coast, in denen CRAN seit vielen Jahren tätig ist, ernähren sich im Wesentlichen vom Fischfang. Durch die Überfischung der Meere durch die großen Hochseeflotten, die auch vor der Küste von Ghana herziehen, und durch den Klimawandel ist der Ertrag des Fischfangs drastisch eingebrochen. So können etliche Fischer in Abakam oder Shama-Kedzi inzwischen ihren Lebensunterhalt nicht mehr mit Fischen verdienen.

Die Schule in Shama-Kedzi läuft gut. Sie ist grundsätzlich in einem ordentlichen Zustand und die Lehrer sind sehr motiviert. Der Schulbesuch hat sich im Vergleich zu früher verbessert und auch die Leistungen sind besser geworden. Nach anfänglichen Belegungsproblemen sind die durch unsere Spenden errichteten Lehrerwohnungen (siehe Bild) voll belegt und sehr begehrt. Es werden weitere Wohnungen gewünscht, um gute Lehrer an die Schule in Shama-Kedzi zu binden und so die Unterrichtsqualität weiter zu verbessern.

Wir haben auf der Reise auch ein wenig mehr über die Ausstattung der Schulen erfahren. Naturwissenschaften werden eher theoretisch unterrichtet, die uns vertraute Ausstattung von Schulen mit entsprechenden Geräten und Materialien ist einfach nicht gegeben. Wir hatten einige Schulmaterialien und Spielgeräte mitgenommen, die gerne aufgenommen wurden. Insbesondere die Mathelehrer waren begeistert, als wir ein großes Geodreieck und einen Zirkel für die Tafel auspackten. Im Kindergarten von Duakor haben wir eine gute Erfahrung gemacht: Wir haben uns die Zeit genommen, die mitgebrachten Materialien auch vorzustellen. So haben wir einzelne Spiele wie Memory gemeinsam gespielt. Die Lehrerinnen haben dann entschieden, ob die Spiele eine Hilfe für die Gruppen sind, und sehr bewusst ausgesucht. Dieses gemeinsame Austesten haben wir überall durchgeführt und in Abakam war es ein großer Spass für die Schüler, als wir auf dem Schulhof mit den Lehrern die mitgebrachten Riesenfrisbees ausprobiert haben.

Das letzte neue Projekt in der Küstenregion war der Neubau der Schülerbibliothek in Musunkwa. Wir hatten die Möglichkeit, mit einigen Mitarbeitern die neue Bibliothek zu besichtigen. Es wurden zwei Computer installiert und der Buchbestand wird Stück für Stück aufgerüstet. CRAN-Mitarbeiter Edwin Asamoah (links auf dem Bild) als ehemaliger Bibliothekar unterweist die Lehrkräfte in der Führung der Biblothek und sorgt für die Zuständigkeiten. Gleichzeitig bringt er Ideen ein: So ist angedacht, die Leseaktivitäten der einzelnen Kinder zu dokumentieren, um die größten Verbesserungen mit Preisen zu honorieren, um die Kinder zum Lesen anzuspornen. Es hat sich beim Besuch gezeigt, dass es wichtig ist, dass CRAN den Betrieb der Bibliothek begleitet und seine Kenntnisse und Erfahrung einbringt, um dauerhaft eine gute Nutzung der Bibliothek sicherzustellen.

Die Arbeitsbereiche von CRAN haben sich mit der Zeit verändert. So sind die Ausbildungszentren in Liati-Wote und Duakor aufgrund mangelnder Bewerberzahlen inzwischen geschlossen worden. In Duakor wurde z.B. jungen Frauen das Schneiderhandwerk beigebracht. Doch sie fanden im Anschluss an ihre Ausbildung kaum Arbeit, weil inzwischen auch in Ghana die billigen Textilien aus Fernost die Märkte überfluten. So können weltwirtschaftliche Entwicklungen gute Ideen von CRAN torpedieren. Aber es hat sich auch gezeigt, dass die Ausbildung in einem normalen Betrieb – wenn es die Möglichkeit gibt – einfach als besserer Ausbildungsort bevorzugt wird, und nach einiger Zeit auch genug ausgebildete Arbeitskräfte für einen Beruf vorhanden sind (wieviele Tischler braucht ein Dorf?).

So werden die Gebäude des Ausbildungszentrums in Duakor inzwischen als Kirche genutzt und zwei CRAN-Erzieherinnen nutzen die Räumlichkeiten für eine Kindergartengruppe. Ihr Wunsch ist aber ein eigenes Kindergartengebäude, um dort einen besseren Rahmen für ihre Arbeit zu haben.

Aktuelles aus der Voltaregion

In der Voltaregion, die wir diesmal nicht besucht haben, ist CRAN in ein Projekt des Landwirtschaftsministeriums in Zusammenarbeit mit der französischen Entwicklungsagentur involviert. Mehrere Nichtregierungsorganisationen sind ausgewählt worden, um den Reisanbau in 19 Orten in verschiedenen Regionen des Landes auszubauen. CRAN gründet sowohl Gruppen für den Anbau als auch für die Weiterverarbeitung und die Vermarktung von Reis und schult diese in landwirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen.

Bisher haben wir nur von dem neuen Bürogebäude für CRAN gehört und Modelle gesehen. Jetzt konnten wir uns direkt auf der Baustelle ein aktuelles Bild verschaffen.

Die Renovierungsarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Der geplante Umzug musste verschoben werden, da diese umfangreicher als geplant gewesen sind. Aber wir haben einen guten Eindruck von dem neuen Gebäude gewonnen. Es ist zweckmäßig mit vernünftigen Räumlichkeiten für die Mitarbeiter und für Meetings geplant worden und stellt somit eine deutliche Verbesserung gegenüber dem jetzigen Büroräumen dar. Durch eigene Generatoren plant man auch, unabhängig von Stromausfällen arbeiten zu können, was bisher nicht gegeben war.

Ein neuer Umzugstermin ist noch nicht festgelegt worden, da CRAN momentan nicht über genug eigene Mittel verfügt, um hier zügig zum Abschluß zu kommen. Eine Kreditaufnahme kommt aber aufgrund der hohen Zinssätze in Ghana (ca. 20 %) nicht in Frage.

Wir überlegen gemeinsam mit CRAN alternative Finanzierungsmodelle, um den Umzug zu beschleunigen.

Was haben wir am Ende von der Reise mitgenommen?

  • CRAN hat über die Jahre viel erreicht. Wir treffen immer wieder auf Menschen, denen CRAN eine bessere Zukunft ermöglicht hat.

  • Wir sind beeindruckt von dem Einsatz einzelner Mitarbeiter, die teilweise bewusst auf bessere Arbeitsplätze verzichten, weil sie bei CRAN ihre Begabungen einbringen können, um anderen zu helfen.

  • Es gibt an vielen Stellen Handlungsbedarf und wir warten auf konkrete Anforderungen aus Ghana.

  • Aber es gilt immer wieder auch darauf zu achten, dass die Projekte langfristig Bestand haben bzw. an die aktuellen Erfordernisse angepasst werden müssen. Hier möchten wir kritische Begleiter sein.

Jahrestreffen 2012

Anders als im letzten Rundbrief angekündigt findet das Jahrestreffen (inkl. Mitgliederversammlung) eine Woche später statt, zu dem wir alle Mitglieder und Freunde von CRAN herzlich einladen. Das Treffen findet am 03.11.2012 von 10 bis 16 Uhr statt und zwar in der

Freien evangelischen Gemeinde Rhein-Sieg
Buschberg 5, 53757 Sankt Augustin-Buisdorf

Eine Wegbeschreibung ist unter http://www.feg-rhein-sieg.de/anfahrtskizze.39.de.html zu finden, ein Abholdienst vom ICE-Bahnhof Siegburg/Bonn ist möglich. Zur besseren Vorbereitung des Tages bitte ich um eine kurze Benachrichtigung von allen, die kommen möchten.

Im Mittelpunkt des Treffens wird der Austausch über den Besuch von Michael Junk und mir bei CRAN Ghana im Juni diesen Jahres und die Bedeutung für unsere Vereinsarbeit stehen. Dort werden auch noch mehr Fotos gezeigt werden können.
Eine allgemeine Vorstellung der Arbeit von CRAN wird im Anschluss an das Treffen um 16.30 Uhr (bis ca. 18 Uhr) angeboten. Die Vorstellung ist insbesondere für interessierte Menschen aus der Umgebung gedacht, die bisher nur wenig über CRAN wissen und sich einen ersten Eindruck von der Arbeit verschaffen möchten.

Ich freue mich darauf, die eine oder den anderen von Ihnen/Euch bei dem Treffen begrüßen zu können.

Herzliche Grüße im Namen des gesamten Vorstands,
Gerd Eibach